Statement zum anstehenden Baubeginn des Kauerndorfer Tunnels

Warum gerade jetzt?

Der Spatenstich steht unmittelbar bevor. Deshalb ist jetzt natürlich der Zeitpunkt dafür, dieses Projekt nochmal unter die Lupe zu nehmen. Oder in den Worten von Konrad Adenauer: „Es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden.“

Der Verkehr wird nach wie vor immer schlimmer. Deshalb hat sich die Situation in vielen Orten geändert, und oftmals sind Umgehungen eine notwendige Lösung. Doch müssen diese verhältnismäßig sein und müssen ausdrücklich NICHT gewährleisten, dass LKWs mit Tempo 80 durchfahren können. Die Auffahrt auf die Umgehung Untersteinach hätte zum Beispiel auch „kleiner“ und optisch angenehmer gelöst werden können, durch einen großen Kreisverkehr, wie diese in Frankreich und Italien üblich sind.

An vielen Ecken muss angesetzt werden, um Deutschland auch für zukünftige Generationen nachhaltig lebenswert zu gestalten. Da muss auf die Notwendigkeit des bewussteren Umgangs mit unseren Ressourcen und unserem Planeten hingewiesen werden. Des Weiteren ist der Staat finanziell belastet durch die noch nicht ausgestandene Corona-Pandemie und den aktuellen Krieg in der Ukraine.

Dazu kommt die Kostenexplosion bei vielen Bauprojekten. Wenn dieses auch noch relativ sinnfrei ist, winkt ein Eintrag ins Schwarzbuch.

Wir sind ausdrücklich auf der Seite der verkehrsgeplagten Bürger Kauerndorfs, wollen aber eine nachhaltige und wirkliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Der Ist-Zustand ist absolut unerträglich! Das kann und darf so nicht bleiben!

Genau deshalb haben wir uns dort getroffen. Wir wollten uns ein Bild machen vom Tunnel, den Konsequenzen des Baus und von Alternativen, die den Bürgern eine wirkliche Verbesserung der Lebensqualität bringen könnten. Und wir stellen einige Fragen in den Raum, und bitten darum, diese noch einmal zu überdenken.

Thema Verkehrsberuhigung:

Uns beschäftigt die Frage, ob Kauerndorf durch den Tunnel wirklich die Befriedung erhält, die es verdient. Die Bundesstraße verläuft dort dann nicht mehr, aber es entstehen zwei riesige Verkehrsknotenpunkte, die den Verkehr immer noch hörbar herum leiten. Wer aus Trebgast kommt, muss durch Kauerndorf, um dann auf die Auffahrt Richtung Himmelkron oder Kulmbach zu kommen. Wenn der Tunnel wegen Höhenkontrolle, Unfall, Instandhaltung etc. gesperrt ist, muss wieder alles über die alte Strecke fahren. Diese Straße wird also weiterhin verkehrsbelastet sein.

Die Anbindung Richtung Bayreuth wird durch diesen Weg noch stärker befahren werden. Jede ausgebaute Straße hat mehr Verkehr zur Folge. Somit würde die Hauptstraße Kauerndorf zu einer richtigen Verkehrs-Hauptstraße werden. Das wiederum wird die Lebensqualität weiterer Anwohner beeinträchtigen. Die Probleme würden sich verlagern.

Umweltschutz und Landschaftsschutz:

Dazu kommt, dass unsere schöne Landschaft wirklich sprachlos machend massiv verschandelt wird. Die Umgehung Untersteinach hat Richtung Himmelkron eine Mondlandschaft hinterlassen.

Die Verkehrsknoten der Kauerndorfer Umgehung werden noch extremer werden, die Aufschüttungen durch den Tunnel müssen gelagert werden. Das werden unsere Kinder und Enkel auf Generationen sehen! Haben Sie sich die Bilder angesehen? Können Sie sich vorstellen, was da passiert? Ist es das wert?

Thema Finanzen:

Die Gelder wurden zugesagt, sind bereitgestellt. Das alleine kann aber kein Argument dafür sein, den Tunnel zu bauen.

Die Brücke wurde mit 40 Mio Euro geplant, hat aber 82,5% mehr gekostet, also 73 Mio Euro. Das bedeutet, hochgerechnet auf den Tunnel kämen wir von 90 Mio Euro auf über 164 Mio Euro. Ist das noch verhältnismäßig?

Dazu kommen für Instandhaltungsmaßnahmen und Energiekosten rund eine halbe Million Euro pro Jahr, die fortlaufend über Generationen bezahlt werden müssen.

Das sind die finanziellen Fakten. In Zeiten von Krieg und Krisen müssen wir uns fragen, ob das notwendig ist, oder ob es andere, günstigere und sinnvollere Lösungen gibt. Genau das sollte Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses sein: diese Ausgaben und die errechneten Kosten nochmal zu überprüfen.

Es sollte hier auch nicht um einen Finanzierungswettbewerb zwischen dem gefühlt vernachlässigten Norden und dem Süden Bayerns gehen. Dazu ist die Entscheidung für diese Baumaßnahme zu wichtig. Solche oberflächlichen Aspekte haben da keinen Platz.

Thema Grundwasser:

Wie wichtig Trinkwasser ist, und dass Wasser auch in unseren Breiten immer rarer und wertvoller wird, ist bei jedem angekommen. Der Grundwasserspiegel sinkt, die Sommer werden heißer und regenärmer. Umso wichtiger ist es, bei diesem Projekt auf diese Sache aufmerksam zu machen.

Der Tunnelbau tangiert einen großen Teil, ca. 50%, der Wasserversorgung der Stadt Kulmbach im Bereich Tiefbrunnen. Das Tiefbrunnenwasser wird mit dem Oberflächenwasser aus dem Schorgasttal in unserer Trinkwasseraufbereitungsanlage zusammen so aufbereitet, dass uns unser Kulmbacher Trinkwasser in gleichbleibender hervorragender Güte den Bürgern und auch der Brauerei zur Verfügung gestellt wird. Zum Bierbrauen brauchen wir hervorragende Wasserqualität. Beim Bau des Kauerndorfer Tunnels lauern Gefahren.

Wenn es bei dem Tunnelbau zu Unachtsamkeiten oder gar zu Havarien kommen sollte, ist unser Wasserzweig gefährdet. Als Vorsorge wurde im Werkausschuss als Lösung die Kontrolle durch geeignete Ingenieure vorgestellt.

Nun stellt sich die Frage, wie wird die Kontrolle gewährleistet? Wird sie dokumentiert? Werden die Stadtwerke allumfassend eingebunden? Und letztendlich: wer kommt für eventuelle Schäden auf, wenn doch was passiert? Woher kommt dann Ersatzwasser? Liefert dies dann die Güte, die wir gewohnt sind? Und was wird uns das kosten?

Aber letztlich auch diese Frage: Kann bei Unfällen im Tunnel, wenn es dann in Betrieb ist, das Grundwasser ausreichend geschützt werden?

Diese Fragen können nur die Stadtwerke und/oder das Straßenbauamt beantworten.

Thema Verkehrswende

Um Deutschland für die zukünftigen Generationen nachhaltig zu gestalten, müssen wir weiter an der Verkehrswende arbeiten. Dies bedeutet, die Elektrifizierung der Schienen voranzutreiben und die Güter auf die Schiene zu verlagern. Diese Bemühungen gehen nicht von heute auf morgen, sind angelegt auf viele Legislaturperioden und folglich nicht immer als politische Arbeit sichtbar und bei Politikern weniger beliebt.

Auch die Situation des ÖPNV in unserem Landkreis muss verbessert werden, um dem Individualverkehr wenigstens eine gute und günstigere Alternative entgegenzusetzen.

Hierfür würden viele Gelder benötigt, die auch aus dem Bund verteilt werden müssen.

Alternativen?

Als schnelle Sofortmaßnahme sind wir für eine Entschleunigung des Verkehrs auf Tempo 40, gerne auch mit einer, wie in Österreich üblichen, festen Geschwindigkeitsüberwachung. Diese ist notwendig, da jetzt schon viele zu schnell durch den Ort fahren. Ein Schild allein tut es da leider nicht.

Ob der explodierenden Kosten von Bauten jeder Art ist es

  1. a)  wie oben geschrieben, zu überprüfen, ob das Tunnel finanziell Sinn macht und
  2. b)  zu überprüfen, ob und wie man Anwohner fair entschädigen kann.

Fair bedeutet sicherlich nicht, den Verkehrswert der Häuser zu beurteilen. Dass dieser im Moment auf Grund der Lebensqualität sehr gering ausfällt ist klar. Deshalb ist diese hier anders zu bewerten, eher mit Bezug auf Größe der Häuser und unter Berücksichtigung der auch für den Hausbau gestiegenen Preise.

Generell sind wir Grünen immer für den Erhalt von Substanz, auch von Häusern, nur muss man hier insgesamt danach fragen, was mehr Sinn macht.

Damit die Anwohner in ihrer Heimat in Ruhe leben können, sind wir der Überzeugung, dass es nötig wäre, alternative Baugrundstücke fernab vom Verkehr zur Verfügung zu stellen. Gepaart mit einer anständigen Summe für das Verlassen der Bestandsbauten gäbe dies eine echte Verbesserung der Lebensqualität. Natürlich hängt man an seiner Heimat, seinen vier Wänden, vielen Erinnerungen. Trotzdem glauben wir, dass der Bau des Tunnels weder die Lebensqualität noch den Wert der Häuser steigert.

Da der Bund sich eine Menge Geld für das Tunnel sparen würde, dürfte natürlich nicht die Kommune auf den Kosten sitzen bleiben. Auch hier erwarten wir Hilfe aus Berlin.

An diesem Punkt kann man auch nicht als Mitglied der bundesdeutschen Legislative – per Gesetz gewählt, um alle Bürger Deutschlands zu vertreten und nicht nur regionale Interessen – auf bestehende Gesetze verweisen, und somit die Umsiedelung verhindern, sondern müsste sich um die Gesetzesänderung kümmern UND einen sinnvollen Präzedenzfall schaffen.

Es geht hier nicht um 1,2 Mio Euro pro Haus, sondern um einen dieser Zeit angemessenen Vergleichswert bei gleichen Quadratmetern. Wie diese Parameter dann festgelegt werden, das ist Aufgabe der Legislative. In diesem Bereich könnte man sich verewigen, einen Namen schaffen für eine sinnvolle Gesetzesänderung, auch für die zukünftige Projekte in Deutschland.

Und um nochmal auf die 1,2 Mio Euro zurückzukommen: bei 30 Häusern wären das 36 Mio Euro. Das ist weit weniger als die geschätzt mindestens 150 Mio Euro für den Bau und die daraus resultierenden Unterhaltskosten. Bei einer eher treffenden Summe von 500.000 Euro wären wir bei 15 Mio Euro.

Natürlich sieht es gut aus, auf einem Foto ein Band zu durchschneiden und somit etwas sichtbares getan zu haben. Ein Vorzeigeprojekt. In Bezug auf was? Und was hinterlassen wir? Was ist für unsere Kinder sichtbar von unseren Aktionen? Und ist das dann wirklich besser, lebenswerter als vorher?

Soweit unsere Vorschläge. Wir wollen eine Diskussion anstoßen, über Alternativen beraten, Kompromisse finden, gemeinsam mit Kommunal- und Bundespolitik voranschreiten und den Menschen in Kauerndorf nachhaltig helfen. Dies möchten wir hiermit klar stellen.

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