Wohnungssuche im Landkreis für afghanische Ortskräfte

Seit Mitte Oktober sind vier Familien ehemaliger afghanischer Ortskräfte in Kulmbach untergebracht. Seit diesem Zeitpunkt leben sie zwar in Sicherheit, aber es fehlt an einem geeigneten Wohnraum. Nach dem Ausschöpfen aller verfügbaren Möglichkeiten geeignete Wohnungen zu finden, schrieb Kreissprecherin Magdalena Pröbstl am 30.12.2021 folgendes Statement an die Medien des Landkreises:

Gedanken zum neuen Jahr: Eine Geschichte

Durch meine Arbeit als Deutsch- und Integrationslehrerin komme ich in Kontakt mit vielen wunderbaren Menschen unterschiedlichster Länder. Diese Menschen mit ihren Lebensläufen und Erfahrungen bereichern unsere Gesellschaft, die vielfältig und bunt ist. Als Kreissprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen liegt mir diese vielfältige, bunte Gesellschaft persönlich besonders am Herzen.

Im Herbst traf ich durch meine Arbeit auf eine afghanische Familie, evakuierte, gerettete Ortskräfte, die bei uns eine neue Heimat finden müssen – ja, müssen, denn zu Hause ging es nicht mehr. Diese Familie betreue ich, soweit es meine Zeit erlaubt, ehrenamtlich, da sie sonst kaum Anschluss in Kulmbach finden können. Diese Menschen wissen zu schätzen, dass sie in Sicherheit sind, kennen sie doch viele weitere Ortskräfte, die versteckt und in Angst in Afghanistan verharren müssen und nicht wissen, wie es für sie weiter geht.

Seit Mitte Oktober leben bei uns in Kulmbach vier dieser Familien ehemaliger afghanischer Ortskräfte. Sie haben ein Dach über dem Kopf, und das Nötigste an materiellen Dingen ist vorhanden, wobei sie nicht den Anschein machen, als seien ihnen solche Dinge wichtig. Es sind weltoffene, gebildete und sympathische Menschen. Und auch ich habe nur rein zufällig erfahren, wie diese vier Familien leben. Es hat sich nie jemand beschwert, sondern sie haben es dankbar angenommen. Dennoch, alles, was diesen Menschen fehlt zu ihrem Glück, ist eine echte Wohnung. Etwas Privacy. Als Familie. Zu Achtzehnt mit einem Bad und einer Küche ist für eine Weile okay, aber auch nicht mehr. 

Diese vier Familien wurden Kulmbach zugewiesen, und wie überall ist auch in Kulmbach der Immobilienmarkt ziemlich leergefegt. Das macht die Suche nach einer Wohnung fast unmöglich. Das Schlimmere jedoch ist, dass anscheinend niemand diese Ausländer, Flüchtlinge, Fremden in seiner Wohnung will. Nur auf zwei Anzeigen erhielt ich überhaupt eine Antwort. Und auch im Privaten höre ich von einigen, auch von Ausländern selbst, dass sie keine Afghanen in ihren Wohnungen möchten. Das macht mich traurig und sehr wütend. Mittlerweile haben unsere neuen Mitbürger selbst ein paar Connections, allerdings meist zu Landsleuten. Dies ist schön, und wahrscheinlich würden wir im Ausland ähnlich handeln. 

Ich versuche, diese Leute zu integrieren, ihnen neben unserer Sprache unsere Grundprinzipien, unsere Verfassung, die Demokratie und die Freiheit, die Geographie von Deutschland und Europa und unsere Musik und Kultur näherzubringen. Dieses Bemühen wird durch unschöne Erlebnisse in Deutschland fast blockiert.

Am 20. August diesen Jahres war ein Artikel in der Rundschau, in dem es um die womöglich eintreffenden Ortskräfte ging. Viele Menschen meldeten sich in diesem zu Wort, keiner kennt jedoch diese Familien oder hat versucht, ihnen bei der Wohnungssuche behilflich zu sein. Hauptsache Presse. Auch das macht mich traurig.

Deshalb möchte ich Sie bitten, sich öffentlich dieses Themas anzunehmen und mitzuhelfen, für vier, nicht 40 oder 400, für vier Familien eine schöne Bleibe in Kulmbach zu finden. Insgesamt sechs Kinder besuchen bereits Schulen in der Stadt, um Kindergartenplätze wollte ich mich erst nach einer erfolgreichen Wohnungssuche bemühen.

Gerne sind wir alle bereit, uns mit Ihnen zu einem Gespräch zu treffen.

Auch ich habe im Ausland gelebt, allerdings immer mit der Option, heimkehren zu können. Dies machte die Situation doch recht angenehm. Unsere Mitbürger aus Kriegs- und Krisengebieten wissen nicht, ob sie jemals wieder ihr Land und ihre Verwandten und Freunde sehen werden. 

Meine Tochter bekam mit, dass einige Menschen keine afghanischen Mieter wollen und fragte schlicht: „Wieso?“ Das zeigt mir, dass ich sie richtig erzogen habe. Sie macht keine Unterschiede. Mensch ist Mensch. Ich wünsche mir, dass viele Kinder ihren Eltern in Zukunft diese Frage stellen.“

Danke an Radio Plassenburg. Der Sender berichtete am 30.12.2021 und 05.01.2022 über die Lage unserer neuen Mitbürger.

https://www.radio-plassenburg.de/achtzehn-personen-auf-engem-raum-afghanische-familien-auf-wohnungssuche-in-kulmbach-7260769/

https://www.radio-plassenburg.de/wer-kann-helfen-vier-familien-von-afghanischen-ortskraeften-suchen-wohnung-7266361/

Herzlichen Dank auch an die Bayerische Rundschau, die am 15.01.2022 durch einen Artikel und einen Kommentar die Menschen hinter den Schicksalen darstellte.

Weiterhin freuen wir uns über jede Hilfe. Gerne können Sie uns kontaktieren, wenn Sie Wohnungen für diese Familien haben.

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