Der Kulmbacher Schlachthof hat sich selbst und wurde immer als Vorzeigeschlachthof dargestellt. Er arbeitet eng mit der Nahrungsmittelindustrie und wichtigen Instituten hier vor Ort zusammen. Seit langem ist man hier zudem damit beschäftigt, Betäubungsmethoden zu verbessern. Aus diesem Grund schockieren die Bilder aus diesem doch eher kleinen, kommunalen Schlachthof sehr.
Im Paragraph 12 der Tierschutzverordnung steht: „dass Tiere so zu betäuben (sind), dass sie schnell und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit versetzt werden.“
„Leider werden weder ‚schnell‘ noch ‚Schmerz‘ oder ‚Leid‘ weiter konkretisiert. Seit Jahren sind die Probleme mit der CO2-Betäubung bekannt. Im Februar wurden über diese auf Initiative des Oberbürgermeisters Ingo Lehmann im Kulmbacher Stadtrat gesprochen. Daraufhin wurde beschlossen, das Heliumprojekt zu starten,“ so die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kulmbacher Stadtrat, Dagmar Keis-Lechner. „Das Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter muss natürlich geahndet, es sollten aber nicht alle unter Generalverdacht gestellt werden.“
Einschlägige Nachbesserungen der Gesetze und Vorschriften zum Tierwohl sind bitter nötig. Dies würde natürlich zu einer Reduzierung der Masse und einer Verteuerung des Produktes führen. Dabei müssen wir uns allerdings vor Augen halten, was – neben dem Töten eines Lebewesens – der wahre Preis eines Schnitzels oder eines Steaks ist, wenn man sämtliche Faktoren berücksichtigt. Fleisch müsste also ungefähr das dreifache Kosten.
„Die Szenen aus dem Kulmbacher Schlachthof sind mehr als verstörend. Mich schockieren sie zutiefst. Fleisch ist der vermeintliche Luxus für jedermann, nach dem Motto ‚Mein Steak lass‘ ich mir nicht nehmen’. Dass dafür Lebewesen leiden und getötet werden müssen, machen sich viele nicht wirklich bewusst,“ äußert sich die grüne Stadträtin Lisa Töpper.
Durch Dumpingpreise beim Fleisch werden nicht nur den Verbrauchern falsche Tatsachen vorgegaukelt, sondern gleichzeitig Missstände unterstützt. „Tierhaltung, Tiertransporte und Schlachtungen im Sinne des Tierwohls und dazu angemessene Arbeitsbedingungen und Bezahlung für die Mitarbeiter der Schlachtereibetriebe können wir zwar fordern, aber nur durch unser eigenes Konsumverhalten beeinflussen,“ so die Kreissprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen Magdalena Pröbstl. „Hier stellt sich mir die Frage, wieso Obst und Gemüse weitaus teurer sind als Fleisch. Dies trägt nicht zur Förderung gesunder Ernährung bei. Früher war ‚Kartoffeln mit Quark‘ ein vollständiges Gericht. Der Sonntagsbraten war ein Festmahl zum Wochenausklang. Heute müssen Schinken, Wurst und Fleisch immer dabei sein.“
Generell ist es nötig, bewusster zu konsumieren. Das gilt natürlich nicht nur beim Thema Fleisch. „Wir müssen darüber nachdenken, dass Mäßigung nicht nur gut für uns und unseren Körper ist, sondern auch für die Umwelt. Dabei geht es nicht um Verbote, sondern um persönliche Überlegungen und Überzeugungen,“ ist sich Stadträtin Lisa Töpper sicher.
Leider unterliegt auch der Kulmbacher Schlachthof wie alle Betriebe den Zwängen der Marktwirtschaft. Dennoch muss sichergestellt sein, dass dieser weiter bestehen kann.„Durch regionale Schlachtung können wir dazu beizutragen, nicht noch mehr Tiere in Großbetrieben wie Tönnies leiden und töten zu lassen und vermeiden auch unnötige Transportwege,“ so die grüne Fraktionsvorsitzende Dagmar Keis-Lechner.
Klar, dieser Schlachthof ist in die Jahre gekommen. Er ist seit 45 Jahren in Betrieb. Deshalb den jetzigen Oberbürgermeister Ingo Lehmann und den Stadtrat pauschal in die Verantwortung zu rufen, ist deplaziert und polemisch. Da geht es wohl eher schon um Wahlkampf. Auch der Leiter des Städtischen Schlachthofes Dirk Grühn ist hier nicht zu verurteilen. Der Schlachthof hätte schon seit vielen Jahren Thema im Stadtrat sein müssen, aber sowohl die Prioritäten als auch die Finanzen der Stadt haben dies anscheinend nicht erlaubt. Um hier Klarheit zu bekommen, wird die grüne Stadtratsfraktion einen Fragekatalog erstellen. Jetzt ist es an der Zeit, ein wirkliches Vorzeigeprojekt mit den nötigen Finanzierungen zu starten und den Tieren einen würdigen Tod zu ermöglichen.
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